Dipl.-Ing. Dr. Ing. e.h. Richard Eugen Dörr
Richard Eugen Dörr wurde geboren am 14. Febr. 1896 als Sohn des
Oberbausekretärs Anton Dörr und seiner Ehefrau Christine Dörr, geb. Ullrich, in
Offenburg/Baden.
Nach bestandenem Abitur 1914 meldete er sich sofort als Kriegs Freiwilliger und
wurde eingesetzt in Frankreich.
2 Mal verwundet wurde er mit folgenden Auszeichnungen als Adjutant der
II. Abtl. Felda. 14 am 21. Febr. 1918 entlassen: E.K II, E.K. 1, Zähringer Löwe mit Schwertern.
Das Studium an der Technischen Hochschule Fridericiana zu Karlsruhe schloss er am
5. Okt. 1920 als Dipl.-Ing. mit der Benotung „gut" ab. Als Assistent war er dann an der
technischen Hochschule tätig bis zum 31. März 1921.
Es folgten 3 Semester Jura-Studium in Heidelberg.
1923 trat er eine Anstellung als Chemiker bei der BASF in Ludwighafen an, 1928
wurde er zum Oberingenieur befördert, um dann 1929 Direktor bei der BASF zu werden.
Von 1929 bis 1931 wurde er von der BASF mit dem Aufbau von 2 Farbstoffwerken in
den USA beauftragt. Für diese Aufgabe benötigte er erheblich weniger Zeit, als vorgegeben
worden war, so dass ihm eine Erfolgsprämie ausgezahlt wurde von $ 20.000.-.
Wegen antinationalsozialistischer Einstellung, Zugehörigkeit zur Freimaurer Loge und
angeblicher Spionage für die USA wurde er 1933 von der BASF fristlos entlassen.
1935 siedelte er in die Heimatstadt seiner Ehefrau nach Mölln um, nachdem er erfolgreich
geklagt hatte gegen die Entlassung und eine Wiedergutmachungszahlung erstritten hatte.
Auf Grund seiner Patente für die Herstellung von Zellstoff auf Basis von Stroh und Kiefernholz
wurde er durch das III Reich dienstverpflichtet. Bis 1940 baute er Zellstoffwerke auf in
Hirschberg, Küstrin, Wittenberge, Krefeld und Siegburg, die nach seinen Patenten
arbeiteten. Die Städte Hirschberg und Wittenberger ernannten ihn zum Ehrenbürger.
Im Jahre 1941 fasste er die Werke zur Holding Phrix-Werke A.G. zusammen, deren Ge-
neraldirektor er wurde.
Die Fakultät der Naturwissenschaften der Universität Breslau verlieh ihm am 16.Dez. 1942
die Ehrendoktor Würde, ,,Dem hervorragenden Fachmann auf dem Gebiet der Faserchemie,
die es verstanden hat, wissenschaftliche Erkenntnisse mit größtem Erfolg in der Industrie
zur Geltung zu bringen."
Der Verein der Zellstoff- und Papier-Chemiker würdigte die Fähigkeiten des Dr. R.E.Dörr
durch die Verleihung der Dr. Edmund Thiele Denkmünze„ in Anerkennung seiner Arbeiten
zur Verbesserung der Zellwolle und seiner großen Verdienste beim Einsatz von Kiefernholz
und Stroh zur Herstellung von Zellstoff für die Kunstfaser-Industrie" am 14. Jan.1943.
In diesem Jahre gründete er als Leiter ein anti nationalsozialistisches Komitee.
Das Komitee verbarg mehrere Personen viele Monate in einem Camp in Mölln gegen die
Verfolgung durch die Gestapo. Weiter beschaffte sich das Komitee Waffen und Munition.
Durch die Verhinderung von Brückensprengungen über den Elbe-Trave-Kanal durch mehr-
malige Herausnahme der Sprengkörper, durch Entfernung der bewaffneten H.J., die im
Besitz von vielen 100 Panzerfäusten war, insbesondere durch die Verteilung von mehreren
1000 Flugblättern einige Tage vor dem Einmarsch der alliierten Truppen, durch nächtliche
zwangsmäßige weiße Beflaggung des Möllner Bezirks und durch persönliches Geleit des
englischen Vorkommandos und der Haupttruppen über Brücken und Straßen nach
vorangegangener Fühlungnahme mit dem englischen Abschnittskommandeur gelang es
den Abschnitt zwischen Elbe und Lübeck den alliierten Truppe kampflos zu übergeben.
Das vorgenannte wurde sofort nach Einmarsch der alliierten Truppen durch die englische
Military-Police überprüft.
Im Jahre 1949 heißt es in den Berichten des damaligen Bürgermeisters der Stadt Mölln:
„Wenn unsere Stadt aussieht, als wäre kein Krieg der Zerstörung und Vernichtung über die
Deutsch Lande dahingegangen, wenn in Mölln kein Ziegel vom Dach gefallen ist, sondern
es in seiner alten Schönheit weiter blüht, dann verdanken wir dies nächst der Güte des
Schicksals, das diese Stadt hier im Norden unseres Vaterlandes bestehen ließ, dem Einsatz
einiger mutiger und um ihre Heimat besorgten MКnner, Bürger und Freunde
unserer Stadt.
Sie waren es, die sich um Dr. R.E. Dörr und Rudolf M. Michelsen geschart hatten.
Und noch eins, was die heutige Generation nicht vergessen sollte: Durch das
mutige Eingreifen konnten 6000 ohne Munition versehene abgekämpfte Deutsche Soldaten
ohne in sinnlose Kämpfe verwickelt zu werden und ohne Ausfall an Menschenleben in
Mölln den Krieg beenden . Vielleicht waren auch Väter von denen dabei, an die sich heute
unsere Mahnung richtet!
Für ein symbolisches Jahresgehalt von 1.- Reichsmark baute Dr. R.E. Dörr von 1946 bis
1948 nach dem Verlust der Werke Hirschberg, Küstrin und Wittenberge die Phrix wieder
auf und gründete in Mölln die MTW, Möllner Textilwerke.
Befreundet mit dem Bildhauer Karl-Heinz Goedtke stiftete R.E. Dörr 2 Werke des
Künstlers, den Eulenspiegel-Brunnen auf dem Markt in Mölln und die ziehende
Bache auf dem Waidmannsplatz, jetzt Uhlenkolk, der Stadt Mölln im Jahre 1950.
Die Stadt Mölln verlieh Dr. Dörr die Stadtplakette am 1. Jan. 1952 „In Würdigung und
Anerkennung seiner besonderen Verdienste um die Stadt MЪlln."
Ehrensenator der Technischen Hochschule Fridericiana zu Karlsruhe wurde Dr. Ing. e.h.
Richard Eugen Dörr am 24. Nov. 1952 "für die Verdienste um die Entwicklung der
Chemischen Technik und sein großes Interesse an der Technischen Hochschule Fridericiana."
1952 schied Dr. Dörr aus der Phrix aus, um als selbstständiger beratender Ingenier tätig zu
sein. Es folgte ein langjähriger Prozess an dessen Ende der Vorwurf der persönlichen
Bereicherung völlig entkräftet wurde.
Die Benennung einer Straße in Mölln, ,,Dr.-Richard-Dörr-Straße" erfolgte im Jahre
2001.
Dr.-lng. e.h. Richard Eugen Därr verstarb am 11. August 1975 in Mölln.